Burnout – Wenn nichts mehr geht: Ursachen, Symptome, Hintergründe und Wege aus der Erschöpfung
- info44776
- 1. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 3 Tagen
Burnout – das Wort ist allgegenwärtig. Doch was steckt wirklich dahinter, wenn Menschen sagen: „Ich kann nicht mehr.“?
Burnout ist nicht einfach nur Stress. Es ist ein tiefer Zustand innerer Leere, anhaltender Erschöpfung und das Gefühl, sich selbst zu verlieren – trotz, oder gerade wegen, immer größerer Anstrengung. Die Flamme, die einmal für etwas brannte, ist langsam, schleichend – fast unmerklich – ausgebrannt.
Was ist Burnout – wirklich?
Burnout ist ein komplexes psychisches und körperliches Erschöpfungssyndrom, das sich über Wochen, Monate oder Jahre entwickeln kann. Es beschreibt einen Zustand, in dem sich Körper, Geist und Seele im permanenten Überlebensmodus befinden – ohne echte Regeneration.
Typisch ist:
Emotionale Erschöpfung
Innere Distanz oder Zynismus gegenüber der eigenen Arbeit oder dem Leben an sich
Gefühl der Ineffektivität oder des Versagens
Das Entscheidende: Menschen mit Burnout wollen funktionieren – oft lange über ihre Belastungsgrenze hinaus. Sie sind häufig engagiert, hilfsbereit, verantwortungsbewusst. Doch genau diese Eigenschaften können sich gegen sie wenden, wenn Pausen, Grenzen und Selbstfürsorge fehlen.
Warum heute mehr Menschen betroffen sind
Unsere heutige Lebensrealität ist ein Nährboden für Burnout:
Ständige Erreichbarkeit: Mails, Messenger, Push-Nachrichten – es gibt kaum noch echte Ruhe.
Digitale Reizüberflutung: Das Gehirn ist im Dauerfeuer – Multitasking wird zur Normalität.
Leistungsdruck & Selbstoptimierung: Wer nicht mehr leistet, scheint weniger wert.
Verschwommene Grenzen: Homeoffice, Care-Arbeit, mentaler Workload – die Trennung zwischen Beruf und Privatleben löst sich auf.
Gesellschaftlicher Wandel: Die Messlatte liegt hoch – immer „besser“, „produktiver“, „erfolgreicher“.
Besonders betroffen sind:
Menschen in sozialen Berufen, im Gesundheitswesen, in Führungsetagen
Alleinerziehende oder pflegende Angehörige
Perfektionisten und Idealisten
Junge Menschen in Ausbildung, die früh in Konkurrenzsysteme gedrängt werden
Ursachen und Risikofaktoren von Burnout
Burnout entsteht nicht über Nacht. Es ist ein schleichender Prozess mit vielen kleinen Alarmzeichen.
Psychosoziale Risikofaktoren:
Chronischer Zeitdruck und Arbeitsverdichtung
Permanente Unterbrechungen und Multitasking
Emotionale Dissonanz (man muss etwas fühlen oder zeigen, das nicht authentisch ist)
Fehlende Anerkennung oder Sinnhaftigkeit
Perfektionismus und überhöhte Selbstansprüche
Geringe soziale Unterstützung oder Einsamkeit
Schwierige Team- oder Familienkonstellationen
Innere Antreiber:
„Ich darf keine Schwäche zeigen“
„Ich muss es allen recht machen“
„Ich bin nur etwas wert, wenn ich leiste“
Neurologische und psychosomatische Aspekte
Burnout ist nicht „nur im Kopf“. Es hinterlässt spürbare Spuren im Gehirn und Körper.
Neurologisch:
Anhaltender Stress führt zur Überaktivierung der Amygdala (Angstzentrum)
Das Belohnungssystem wird abgeschaltet – man empfindet keine Freude mehr
Der Hippocampus (Gedächtnis, Lernen, Orientierung) schrumpft messbar
Der Präfrontale Cortex (Selbststeuerung, Konzentration) funktioniert weniger effizient
Hormonell:
Dauerhafte Ausschüttung von Cortisol und Adrenalin
Erschöpfung der Nebennierenrinde („Stressachse“)
Schlafstörungen, Reizdarm, Zyklusprobleme, Haarausfall
Psychosomatisch:
Chronische Müdigkeit und Schlaflosigkeit
Herz-Kreislauf-Beschwerden
Verspannungen, Tinnitus, Migräne
Immunsystem schwächt sich – Infektanfälligkeit steigt
Emotional:
Gefühl innerer Leere
Verlust von Mitgefühl (für andere und sich selbst)
Zynismus, Gereiztheit, Rückzug
Angst- und Panikzustände
Burnout ist ein Beziehungsthema – auch zu sich selbst
Burnout betrifft nicht nur was wir tun – sondern wie wir mit uns selbst in Beziehung stehen.
Wie gehe ich mit meinen Grenzen um?
Glaube ich, dass ich nur durch Leistung liebenswert bin?
Erlaube ich mir Ruhe – oder schäme ich mich dafür?
Burnout zeigt, dass wir zu lange zu viel gegeben haben – oft ohne zu merken, dass wir uns selbst dabei verlieren.
Wege aus dem Burnout – Therapie und Selbsterforschung
Burnout lässt sich nicht „wegmachen“ – es will verstanden, gefühlt und verwandelt werden. Dahinter stehen oft alte Überzeugungen, abgespaltene Bedürfnisse, ungelöste Spannungen. Der Weg zur Heilung ist selten geradlinig – aber lohnend.
Gestalttherapie: Die Rückverbindung zu dir selbst
Die Gestalttherapie ist ein erlebnisorientierter, humanistischer Ansatz, der nicht nur Symptome behandelt, sondern den Menschen in seiner Gesamtheit begleitet: mit Körper, Gefühl, Verstand und Beziehung.
In der Gestaltarbeit geht es nicht darum, warum etwas so ist – sondern wie es sich jetzt zeigt. Burnout wird dabei nicht nur als Erschöpfung, sondern auch als unterbrochener Kontakt verstanden: zu sich selbst, zu anderen, zur eigenen Lebendigkeit.
Typische Schwerpunkte in der Gestalttherapie bei Burnout:
Erforschen von Antreibern wie „Sei stark“, „Mach es perfekt“, „Streng dich an“
Aufdecken innerer Dialoge (z. B. zwischen Funktionierer und Erschöpftem)
Kontakt mit verdrängten Gefühlen: Wut, Angst, Traurigkeit, Bedürftigkeit
Arbeit mit dem Körper: Wo spüre ich Spannung? Was will gefühlt werden?
Raum für das, was nie Raum haben durfte – zum Beispiel die Erlaubnis, einfach zu sein
Die Gestalttherapie stellt nicht die Diagnose in den Mittelpunkt, sondern den lebendigen Menschen im Hier und Jetzt. Sie arbeitet mit dem, was sich im Moment zeigt – im Atem, im Körper, im Blick, im Zögern.
Der Satz: „Ich bin müde“ bekommt in der Gestalttherapie Raum, Tiefe und Bedeutung – er darf zu einer Erfahrung werden, nicht nur zu einem Gedanken.
Körperorientierte Begleitung:
Somatic Experiencing, Körperpsychotherapie
Yoga, Atemarbeit, Craniosacral-Therapie
Natur, Erdung, Rückbindung an den Körper
Neuorientierung im Alltag:
Grenzen setzen lernen – ohne Schuldgefühle
Gesunde Routinen aufbauen: Schlaf, Ernährung, Bewegung
Digitale Pausen bewusst einbauen
Verbindung statt Vergleich: echte Beziehungen pflegen statt Likes sammeln
Burnout ist kein persönliches Versagen – sondern ein Warnsignal
Burnout ist kein Zeichen von Schwäche. Es ist ein Alarmsignal des Organismus, dass etwas nicht mehr stimmig ist. Und es kann – richtig begleitet – zur Chance für eine tiefgreifende Neuorientierung werden.
Nicht der Körper versagt. Sondern das System, in dem wir leben, braucht ein neues Gleichgewicht.
Fazit: In der Stille beginnt die Heilung
Burnout ist eine komplexe Erschöpfungskrise – psychisch, neurologisch, körperlich. Sie betrifft Menschen, die lange stark waren. Doch Heilung beginnt nicht im Kämpfen. Sondern im Loslassen, im Anhalten, im Dürfen.
Der erste Schritt ist, sich selbst zuzuhören – und zu erlauben, dass es auch anders gehen darf.

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