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Wussten Sie schon?

Meinung – Zwischen innerer Wahrheit und äußerer Anpassung

Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“– Immanuel Kant

Meinungen sind wie Atemzüge unserer Seele. Jeder Mensch hat sie, jeder braucht sie – und doch geraten sie leicht in Streit, Missverständnis oder Schweigen.In einer Zeit, in der Worte auf die Waagschale gelegt werden, wird das Äußern einer Meinung oft zum Drahtseilakt: Wie bleibe ich ehrlich – ohne zu verletzen? Wie bleibe ich mir treu – ohne andere zu verlieren?


Was Meinung eigentlich ist

Philosophisch betrachtet ist Meinung – die doxa der alten Griechen – kein reines Wissen, sondern eine lebendige Form des Denkens, genährt aus Erfahrung, Gefühl und persönlicher Wahrheit.Psychologisch ist sie das Resultat innerer Prozesse: Wahrnehmung, Emotion, Erinnerung und Bewertung verschmelzen zu einer Haltung gegenüber der Welt.

Meinung ist also nicht bloß ein Satz – sie ist eine Momentaufnahme unseres inneren Selbst.Oder, wie Friedrich Nietzsche sagte:

„Es gibt keine Tatsachen, nur Interpretationen.“

Wir sehen die Welt nicht, wie sie ist, sondern wie wir sind.


Warum Meinungsbildung so bedeutsam ist

Eine eigene Meinung zu bilden, ist ein Ausdruck von Reife und Freiheit.Sie erfüllt zentrale seelische Bedürfnisse:

  • Autonomie: Ich denke selbst.

  • Identität: Ich weiß, wofür ich stehe.

  • Selbstwirksamkeit: Ich kann etwas bewirken.

  • Verbundenheit: Ich trete in echten Austausch mit anderen.

Wenn wir unsere Meinung nicht äußern dürfen oder sie uns nicht mehr zugestehen, wird das Denken träge und das Selbstgefühl brüchig.Carl Gustav Jung formulierte es so:

„Wer nach außen schaut, träumt. Wer nach innen blickt, erwacht.“

Meinungsbildung beginnt immer im Inneren.


Wenn Meinung unterdrückt wird

Was geschieht, wenn Menschen ihre Meinung nicht mehr sagen dürfen – aus Angst, abgelehnt oder missverstanden zu werden?

Psychologisch entsteht eine innere Spannung, eine Art leiser Selbstverrat:Man denkt etwas, fühlt etwas – sagt aber etwas anderes.Dieses Auseinanderfallen von innerem Erleben und äußerem Ausdruck führt zu kognitiver Dissonanz.Langfristig kann das Schuldgefühle, Angst und ein Gefühl innerer Leere hervorrufen.

Wer sich zu lange anpasst, verliert irgendwann den Kontakt zur eigenen Stimme.Doch wer nur laut ist, ohne zuzuhören, verliert die Verbindung zu anderen.

Wahrhaftige Meinungsfreiheit bedeutet also nicht, immer Recht zu haben,sondern gehört zu werden – und selbst zuhören zu können.


Ehrlichkeit und Mitgefühl – kein Widerspruch

Es gibt eine Kunst, ehrlich zu sein, ohne zu verletzen.Sie heißt empathische Kommunikation – das, was der Psychologe Marshall Rosenberg als „gewaltfreie Kommunikation“ bezeichnete.

Ehrlichkeit heißt: Ich spreche von mir.Mitgefühl heißt: Ich höre den anderen.

Oder wie der französische Philosoph Voltaire schrieb:

„Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde dein Recht, es zu sagen, bis zum Tod verteidigen.“

Zwischen diesen beiden Polen – innerer Wahrheit und äußerer Rücksicht – bewegt sich jede reife Meinung.


Zwischen Anpassung und Authentizität

Der Mensch balanciert ständig zwischen zwei Bedürfnissen:

  1. Zugehörigkeit – wir möchten gemocht, verstanden und anerkannt werden.

  2. Authentizität – wir möchten echt bleiben, uns selbst treu sein.

Manchmal kollidieren diese Kräfte.Wer sich ständig anpasst, verliert sich.Wer nur provoziert, steht allein.

Der Ausweg liegt in der Selbstreflexion:Nicht jede Meinung muss ausgesprochen werden – aber jede verdiente es, verstanden zu werden.Man kann schweigen, ohne sich zu verleugnen, wenn man weiß, warum.Man kann sprechen, ohne zu verletzen, wenn man aus dem Herzen spricht.


Fazit: Meinung als Ausdruck lebendiger Menschlichkeit

Meinungen sind keine Mauern – sie sind Fenster.Sie zeigen, wie ein Mensch die Welt sieht, fühlt und versteht.Wenn wir lernen, diese Fenster zu öffnen, statt sie zuzuschlagen, kann aus Spaltung wieder Verbindung entstehen.

Die Philosophie lehrt uns, zu denken.Die Psychologie lehrt uns, zu verstehen.Und das Leben selbst lehrt uns, beides mit Menschlichkeit zu verbinden.

Oder, um es mit Sokrates zu sagen:

„Der Anfang aller Weisheit ist die Verwunderung.“

Denn vielleicht beginnt eine gute Meinung nicht damit, dass man Recht hat –sondern damit, dass man bereit ist zu verstehen.


ree

 
 
 

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