top of page

Wussten Sie schon?

Ganzheitlich und selbstbestimmt: Wie die Gestalttherapie den Weg zur Autonomie ebnet und andere Therapieformen inspiriert

Ursprung und Entwicklung der Gestalttherapie

Die Gestalttherapie wurde in den 1940er-Jahren von Fritz Perls, Laura Perls und Paul Goodman entwickelt. Sie entstand aus der Kritik an der traditionellen Psychoanalyse und integrierte Elemente der Gestaltpsychologie sowie existenzielle, phänomenologische und holistische Ansätze. Fritz Perls veröffentlichte 1941 das Buch „Das Ich, der Hunger und die Aggression“, das als Grundstein für die Gestalttherapie gilt. Paul Goodman trug wesentlich zur theoretischen Fundierung bei. Mit den Jahren haben sich einige Therapeuten der Gestalttherapie zugewandt, da sie mit herkömmlichen Therapiearten an ihre Grenzen gestoßen sind. Hier sind besonders die Studien von Prof. Dr. Butollo hervorzuheben. Der an der LMU in München in diese Richtung geforscht und Vergleiche zur Verhaltenstherapie aufgestellt hat. Hier seine Vorlesung zu diesem Thema: https://videoonline.edu.lmu.de/de/sommersemester-2012/3847


Wirkweise der Gestalttherapie

Die Gestalttherapie ist ein humanistisches, erfahrungsorientiertes Psychotherapieverfahren. Sie konzentriert sich auf das Hier und Jetzt und betont die Selbstwahrnehmung und -verantwortung des Klienten. Anstatt sich ausschließlich auf vergangene Erlebnisse zu fokussieren, fördert sie das Bewusstsein für aktuelle Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen.Durch diesen Ansatz sollen unvollständige Gestalten (unerledigte Situationen) erkannt und abgeschlossen werden, um persönliches Wachstum zu ermöglichen. ​


Vergleich mit anderen Therapieformen

Im Vergleich zu anderen Therapieformen wie der kognitiven Verhaltenstherapie oder der Psychoanalyse legt die Gestalttherapie einen stärkeren Fokus auf die unmittelbare Erfahrung und das gegenwärtige Erleben des Klienten. Sie betont die Bedeutung des Bewusstseins für aktuelle Prozesse und fördert die Integration von Körper, Geist und Seele.Während kognitive Verhaltenstherapie oft strukturierter ist und spezifische Techniken zur Verhaltensänderung einsetzt, bietet die Gestalttherapie einen flexibleren Rahmen, der sich an den individuellen Bedürfnissen des Klienten orientiert. ​


Die Gestalttherapie hat viele Konzepte entwickelt, die sich in der Verhaltenstherapie (VT) und in analytischen Verfahren wiederfinden. Hier einige zentrale Einflüsse:


Einflüsse der Gestalttherapie in der Verhaltenstherapie (VT):

  1. Erleben im Hier und Jetzt: Die Gestalttherapie betont das unmittelbare Erleben, was sich in der dritten Welle der Verhaltenstherapie (z. B. Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie, Acceptance and Commitment Therapy) widerspiegelt.

  2. Körperwahrnehmung und Emotionen: Viele verhaltenstherapeutische Verfahren (z. B. Schematherapie, DBT) arbeiten mit Emotionen und Körperreaktionen – ein Ansatz, den die Gestalttherapie früh integriert hat.

  3. Experimente statt reine Gespräche: Die VT nutzt zunehmend erfahrungsbasierte Methoden, die aus der Gestalttherapie inspiriert sind, etwa Rollenspiele oder imaginative Techniken.

  4. Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit: Die Gestalttherapie sieht den Menschen als aktiven Gestalter seines Lebens – ein Konzept, das auch in der kognitiven Verhaltenstherapie betont wird.


Einflüsse in analytischen Verfahren:

  1. Unfertige Gestalten und Wiederholungszwang: Ähnlich wie in der Psychoanalyse wird in der Gestalttherapie davon ausgegangen, dass unverarbeitete Erfahrungen unbewusst Einfluss nehmen. Die analytische Therapie spricht hier von Wiederholungszwang und Übertragungsmustern.

  2. Traumdeutung und Symbolarbeit: Auch wenn die Psychoanalyse Träume klassisch interpretiert, nutzt die Gestalttherapie sie als direkten Ausdruck aktueller innerer Prozesse.

  3. Beziehungsdynamik: Die Gestalttherapie sieht den Kontakt als zentrales Element für Entwicklung – ähnlich wie moderne psychodynamische Ansätze, die die therapeutische Beziehung als Heilfaktor betrachten.


Viele moderne Therapieformen greifen auf Gestaltansätze zurück, oft ohne dies explizit zu benennen. Besonders in der Verhaltenstherapie und modernen analytischen Verfahren lassen sich deutliche Parallelen zur Gestalttherapie erkennen.


Studien zur Wirksamkeit der Gestalttherapie

Die Forschung zur Wirksamkeit der Gestalttherapie hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Eine umfassende Evaluationsstudie mit 431 Teilnehmern zeigte eine hohe Zufriedenheit der Klienten mit der Gestalttherapie; 63% der Befragten gaben an, ihre Ziele erreicht zu haben. ​Psychotherapie-Wissenschaft

Frühere Meta-Analysen, wie die von Grawe, Donati und Bernauer (1994), stellten fest, dass die Gestalttherapie im Vergleich zu anderen humanistischen Verfahren ein breiteres Wirkungsspektrum und eine zuverlässigere Wirksamkeit aufweist. Allerdings wurde auch darauf hingewiesen, dass zu diesem Zeitpunkt weitere methodisch hochwertige Studien erforderlich seien, um definitive Aussagen zu treffen. ​Wikipedia – Die freie Enzyklopädie

Neuere Untersuchungen dokumentieren die gute Wirksamkeit der Gestalttherapie bei verschiedenen psychischen Störungen, einschließlich schwerer Erkrankungen, und heben die Langzeitwirkung der Behandlung hervor. ​Psychotherapeutenkammer Berlin


Mehrere Studien haben die Effektivität der Gestalttherapie untersucht:​

  • Meta-Analyse von Bretz und Heekerens (1994): Diese Analyse von 38 Studien zwischen 1970 und 1986 ergab, dass die Gestalttherapie eine effektive psychotherapeutische Behandlung ist, die anderen vergleichbaren Methoden nicht unterlegen ist. ​PubMed+1ResearchGate+1

  • Systematische Überprüfung von Raffagnino (2019): Diese Überprüfung von Studien aus den Jahren 2007 bis 2018 zeigte, dass die Gestalttherapie bei verschiedenen psychischen Störungen wirksam ist, wobei die Ergebnisse mit denen anderer Therapieformen vergleichbar sind. ​SCIRP

  • Vergleichsstudie von Stevens et al.: Diese Studie verglich die Wirksamkeit der Gestalttherapie mit anderen klinischen Modellen wie der kognitiven Verhaltenstherapie und stellte fest, dass die Ergebnisse der Gestalttherapie ähnlich positiv waren. ​SCIRP

  • Einzelfallstudie zu Demenz: Ein Forschungsprotokoll zielt darauf ab, die Auswirkungen einer gestalttheoretischen Intervention auf Menschen mit Demenz in Italien und Mexiko zu bewerten. ​PMC


Diese Studien unterstreichen die Wirksamkeit der Gestalttherapie bei der Behandlung verschiedener psychischer Störungen und ihre Anerkennung in zahlreichen Ländern weltweit.​


Anerkennung der Gestalttherapie in verschiedenen Ländern

Die Gestalttherapie ist in vielen Ländern weltweit anerkannt, sowohl auf professioneller als auch auf therapeutischer Ebene. Hier sind einige Beispiele für Länder, in denen die Gestalttherapie eine offizielle Anerkennung und Praxis hat:


1. Deutschland:

  • In Deutschland ist die Gestalttherapie eine anerkannte Psychotherapieform, besonders in der Ausbildung und Praxis von Psychotherapeuten und Beratern. Der Berufsverband der Gestalttherapeuten (BAG) fördert die Ausbildung und Integration der Gestalttherapie in der therapeutischen Landschaft.

2. Vereinigtes Königreich:

  • Im Vereinigten Königreich ist die Gestalttherapie sowohl als psychotherapeutische Methode als auch als wichtige Disziplin in der psychologischen Beratung anerkannt. Die British Gestalt Therapy Association (BGTA) ist die führende Organisation in Großbritannien.

3. USA:

  • In den USA ist die Gestalttherapie sehr verbreitet, insbesondere im Bereich der humanistischen Psychotherapie. Die American Gestalt Therapy Association (AGTA) ist eine wichtige Organisation für die Ausbildung und Weiterentwicklung der Therapie.

4. Niederlande:

  • Die Niederlande sind ein weiteres Land, in dem Gestalttherapie weit anerkannt ist. Die Niederländische Gestalttherapeutenvereinigung (NSG) hat die Methode als eine der anerkannten Therapieformen etabliert.

5. Italien:

  • In Italien ist die Gestalttherapie eine gängige Methode in der Psychotherapie. Das Land hat mehrere Zentren und Ausbildungsprogramme, die sich auf Gestalttherapie konzentrieren.

6. Schweden:

  • Schweden hat eine langjährige Tradition der Gestalttherapie und erkennt diese Therapieform sowohl in der psychotherapeutischen Ausbildung als auch in der Praxis an.

7. Kanada:

  • In Kanada wird Gestalttherapie ebenfalls anerkannt und praktiziert. Die Canadian Gestalt Therapy Association (CGTA) ist ein führender Verband, der die Ausbildung und berufliche Praxis fördert.

8. Australien:

  • Auch in Australien ist die Gestalttherapie anerkannt. Hier gibt es verschiedene Fachorganisationen, die sich mit der Ausbildung von Therapeuten und der Anwendung der Methode befassen.

9. Frankreich:

  • In Frankreich ist Gestalttherapie eine weit verbreitete Methode, die sowohl in der psychotherapeutischen Praxis als auch in der akademischen Ausbildung unterstützt wird.

10. Brasilien:

  • In Brasilien wird die Gestalttherapie ebenfalls anerkannt und praktiziert. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der psychotherapeutischen Ausbildung in vielen Städten.


Internationale Anerkennung:

  • Europäische Union: In vielen europäischen Ländern, wie Spanien, Belgien, Österreich und der Schweiz, ist die Gestalttherapie anerkannt und wird von verschiedenen therapeutischen Fachgesellschaften unterstützt.

  • Weltweit: Organisationen wie die International Gestalt Therapy Association (IGTA) setzen sich dafür ein, die Gestalttherapie weltweit bekannt zu machen und die Ausbildung in diesem Bereich zu standardisieren.


Die Anerkennung der Gestalttherapie variiert je nach Land und dessen spezifischen psychotherapeutischen Standards, jedoch ist sie in den meisten westlichen Ländern eine etablierte Therapieform. Sie wird zunehmend auch in klinischen und privaten Praxen sowie in akademischen Einrichtungen weltweit anerkannt.


Die deutsche Lobby der Psychotherapie - Geht es noch um das Wohl der Patienten?

Obwohl die Gestalttherapie international anerkannt ist und in vielen Ländern erfolgreich angewendet wird, wird sie in Deutschland nicht als wissenschaftlich fundierte Psychotherapiemethode anerkannt. Dies liegt weniger an ihrer tatsächlichen Wirksamkeit – denn zahlreiche Studien belegen ihre Effektivität – sondern vielmehr an institutionellen, politischen und wirtschaftlichen Faktoren.


1. Das enge wissenschaftliche Anerkennungssystem in Deutschland

In Deutschland unterliegt die Anerkennung von Psychotherapiemethoden strengen gesetzlichen Regelungen, insbesondere durch das Psychotherapeutengesetz (PsychThG) und den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP).

  • Der WBP erkennt nur Therapieformen an, die "nachweislich" auf einem "wissenschaftlich" anerkannten Modell psychischer Störungen beruhen und in mehreren groß angelegten randomisierten, kontrollierten Studien (RCTs) ihre Wirksamkeit nachweisen.

  • Bisher hat sich die Gestalttherapie stärker auf qualitative Studien und Praxisberichte gestützt, während der Fokus in Deutschland auf quantitativen, standardisierten Wirksamkeitsnachweisen liegt, die eher für Verhaltenstherapie und Psychoanalyse passen. Stimmt aber nicht ganz, denn auf meiner Recherche bin ich auf unzählige quantitative Studien gestoßen, bei der die Effenktstärken der Gestalttherapie sehr hoch ausfallen.

  • Gestalttherapie legt Wert auf individuelle Prozesse, die sich schwer in standardisierten Studien erfassen lassen, da die Therapie stark erlebnis- und erfahrungsbasiert ist. Allerdings sind die heilenden Ergebnisse, die erzielt werden, gut messbar und fällen sehr zugunsten der Gestalttherapie aus. Besonders in Langzeitstudien, in denen die Verhaltenstherapie nicht so gut abschneidet.


2. Dominanz der Verhaltenstherapie und Psychoanalyse

In Deutschland sind nur die Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und Psychoanalyse für die Kassenzulassung anerkannt.

  • Die Verhaltenstherapie hat sich als führende Methode durchgesetzt, weil sie sich leichter mit den wissenschaftlichen Standards messen lässt (klare Diagnosekriterien, messbare Therapieergebnisse, standardisierte Verfahren).

  • Die Gestalttherapie hingegen arbeitet prozessorientiert, erlebniszentriert und individuell, was sie schwerer in standardisierte Forschungspapiere einbinden lässt.

  • Psychologische Institutionen und Krankenkassen haben wenig Interesse daran, ein weiteres Therapieangebot in das System aufzunehmen, da dies finanzielle und strukturelle Änderungen erfordern würde.


3. Wirtschaftliche und politische Interessen

  • Die Lobbys der etablierten Psychotherapie-Schulen (besonders Verhaltenstherapie) haben wenig Interesse an Konkurrenz durch alternative Methoden.

  • Krankenkassen würden durch eine Anerkennung höhere Kosten tragen müssen, da mehr Patienten Anspruch auf eine erweiterte Auswahl an Therapieformen hätten.

  • Ausbildungsinstitute, die auf Verhaltenstherapie oder Psychoanalyse spezialisiert sind, profitieren davon, dass diese Methoden weiterhin als die einzigen anerkannten Verfahren gelten.


4. Künstliche Klein-Haltung: Warum will man die Gestalttherapie nicht groß werden lassen?

  • Gestalttherapie betont Eigenverantwortung, Selbstbewusstsein und ganzheitliches Wachstum, was nicht in das klassische medizinische Modell passt, das oft auf Diagnosen und Defizitorientierung basiert.

  • Die Therapieform fördert Selbstbestimmung und emotionale Autonomie, während viele psychologische und medizinische Systeme eher auf Anpassung und Funktionalität in der Gesellschaft ausgerichtet sind.

  • In anderen Ländern, z. B. in den USA, Großbritannien und Italien, ist Gestalttherapie anerkannt, weil dort ein offenerer Zugang zu Therapieformen herrscht und Patienten mehr Wahlmöglichkeiten haben dürfen.


Fazit: Ein System, das sich selbst schützt

Die fehlende Anerkennung der Gestalttherapie in Deutschland ist weniger eine Frage der Wirksamkeit als eine Folge institutioneller Strukturen, wirtschaftlicher Interessen und wissenschaftlicher Paradigmen. Dennoch wächst das Interesse an dieser Methode, besonders im privaten Bereich und in der Selbstzahler-Therapie, da viele Menschen von der tiefgehenden und ganzheitlichen Wirkung profitieren.

Eine Zukunft, in der die Gestalttherapie offiziell anerkannt wird, hängt von weiteren wissenschaftlichen Studien und einem Umdenken in der Gesundheits- und Therapielandschaft ab.


Die Gestalttherapie hat sich seit ihrer Entstehung in den 1940er-Jahren als bedeutende psychotherapeutische Methode etabliert. Ihr Fokus auf das gegenwärtige Erleben und die Förderung der Selbstwahrnehmung unterscheidet sie von anderen Therapieformen. Aktuelle Studien belegen ihre Wirksamkeit bei der Behandlung verschiedener psychischer Störungen, wobei weitere Forschung zur Vertiefung des Verständnisses und zur Optimierung der Anwendung beiträgt.​




 
 
 

Comentarios


Featured Posts
Archive

HEILERLAUBNIS

Heilerlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz, eingeschränkt auf den Bereich der Psychotherapie, §1 Abs.3 Heilpraktikergesetz erteilt vom Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München (Bayern).

  • Tumblr Social Icon
  • Facebook
  • LinkedIn Social Icon
  • Instagram
  • Weißes Xing

KONTAKTAUFNAHME

0 151 - 55 21 22 23

praxis@benita-feller.de

bottom of page