top of page

Wussten Sie schon?

Warum „Reiß dich zusammen“ krank macht

„Reiß dich zusammen.“Ein Satz, der oft gut gemeint ist – und dennoch tief verletzend wirken kann. Er wird gesagt, wenn jemand weint, überfordert ist, Angst hat oder nicht mehr kann. Er klingt nach Stärke, nach Kontrolle, nach Vernunft. Psychologisch und neurologisch betrachtet jedoch ist er hochproblematisch – und kann langfristig krank machen.

Denn dieser Satz greift nicht nur Verhalten an. Er greift das Erleben eines Menschen an.


Die psychologische Botschaft hinter dem Satz

„Reiß dich zusammen“ vermittelt unbewusst mehrere Botschaften:

  • Deine Gefühle sind falsch.

  • Deine Reaktion ist übertrieben.

  • Du funktionierst nicht richtig.

  • Belastung ist eine Schwäche.

Für die Psyche bedeutet das: Emotionen dürfen nicht sein.Doch Emotionen sind kein Fehler im System – sie sind das System.

Gefühle sind Signale. Sie zeigen Grenzen, Bedürfnisse, Überforderung, Verletzung oder Angst an. Werden sie dauerhaft unterdrückt, verliert der Mensch den Kontakt zu sich selbst.


Emotionale Unterdrückung – ein hoher Preis

Psychologisch spricht man von Emotionsunterdrückung. Studien zeigen, dass Menschen, die ihre Gefühle regelmäßig unterdrücken müssen:

  • häufiger an Angststörungen und Depressionen leiden

  • ein höheres Risiko für psychosomatische Erkrankungen haben

  • schlechter mit Stress umgehen können

  • weniger stabile Beziehungen führen

Was nach außen kontrolliert wirkt, ist im Inneren oft hoch angespannt.


Was im Gehirn passiert

Neurologisch betrachtet ist „Reiß dich zusammen“ ein direkter Angriff auf die natürliche Stressverarbeitung des Gehirns.

1. Die Amygdala bleibt aktiv

Die Amygdala ist das Alarmzentrum des Gehirns. Sie reagiert auf Bedrohung – auch auf emotionale.Wenn Gefühle nicht ausgedrückt oder verarbeitet werden dürfen, bleibt die Amygdala dauerhaft aktiviert.

Das bedeutet:

  • innere Unruhe

  • Schlafstörungen

  • erhöhte Reizbarkeit

  • ständige Anspannung

2. Der präfrontale Kortex wird überfordert

Der präfrontale Kortex ist für Selbstregulation und Kontrolle zuständig.„Reiß dich zusammen“ verlangt genau das – Kontrolle. Aber unter Stress funktioniert Kontrolle schlechter, nicht besser.

Das Ergebnis:

  • Entscheidungsschwäche

  • Konzentrationsprobleme

  • emotionale Erschöpfung

3. Der Körper leidet mit

Unterdrückte Emotionen verschwinden nicht – sie verlagern sich in den Körper:

  • Muskelverspannungen

  • Magen-Darm-Probleme

  • Kopfschmerzen

  • chronische Schmerzen

  • Erschöpfungssyndrome

Der Körper übernimmt das, was die Psyche nicht ausdrücken durfte.


Die innere Spaltung

Wer sich immer wieder „zusammenreißt“, entwickelt häufig eine innere Spaltung:

  • ein funktionierendes Außen

  • ein leidendes Innen

Nach außen wirkt man stark, belastbar, souverän.Im Inneren jedoch wachsen:

  • Einsamkeit

  • Selbstzweifel

  • emotionale Leere

Viele Menschen kommen genau mit diesem Gefühl in Therapie:„Ich funktioniere, aber ich fühle nichts mehr – oder alles auf einmal.“


Warum der Satz so tief sitzt

„Reiß dich zusammen“ ist kulturell tief verankert. Er passt zu Leistungsdenken, Anpassung und Funktionieren.Besonders häufig hören ihn:

  • Kinder

  • Frauen

  • psychisch belastete Menschen

  • Menschen in Krisen

Kinder lernen früh: Gefühle stören.Erwachsene lernen: Schwäche ist peinlich.

So entsteht ein innerer Antreiber, der später selbst dann weitermacht, wenn niemand mehr etwas sagt.


Langfristige Folgen

Dauerhafte emotionale Selbstunterdrückung kann zu folgenden Erkrankungen beitragen:

  • Depression

  • Angststörungen

  • Burnout

  • psychosomatische Erkrankungen

  • chronische Erschöpfung

  • Autoimmunerkrankungen (Stress als Mitfaktor)

Nicht, weil Menschen „zu sensibel“ sind – sondern weil sie zu lange stark sein mussten.


Was stattdessen gesund wäre

Psychische Gesundheit entsteht nicht durch Zusammenreißen, sondern durch Selbstregulation.Das bedeutet:

  • Gefühle wahrnehmen, ohne ihnen ausgeliefert zu sein

  • Emotionen benennen

  • Grenzen ernst nehmen

  • Belastung kommunizieren

  • Unterstützung zulassen

Ein gesunder innerer Satz wäre:

  • „Ich darf fühlen, was ich fühle.“

  • „Meine Reaktion hat einen Grund.“

  • „Ich muss nicht funktionieren, um wertvoll zu sein.“


Neue Sprache – neue Gesundheit

Sprache wirkt. Besonders die Sprache, die wir mit uns selbst sprechen.

Statt:

  • „Reiß dich zusammen“

Wären heilsamer:

  • „Es ist gerade viel.“

  • „Du darfst überfordert sein.“

  • „Was brauchst du jetzt?“

  • „Du musst da nicht alleine durch.“

Diese Sätze aktivieren nicht den Alarm, sondern das Bindungs- und Beruhigungssystem des Gehirns.


Fazit

„Reiß dich zusammen“ macht nicht stark.Er macht leise.Und das Leise wird irgendwann krank.

Psychische Gesundheit bedeutet nicht, keine Gefühle zu haben – sondern mit ihnen in Kontakt zu sein.Nicht alles auszuhalten, sondern zu spüren, wann es genug ist.

Der Körper und die Psyche brauchen kein Zusammenreißen.Sie brauchen Verständnis, Sicherheit und Erlaubnis zu sein.


ree

 
 
 

Kommentare


Featured Posts
Archive

HEILERLAUBNIS

Zulassung zur Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung eingeschränkt auf dem Gebiet der Psychotherapie

§1 Abs.3 Heilpraktikergesetz erteilt vom Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München (Bayern).

  • Tumblr Social Icon
  • Facebook
  • LinkedIn Social Icon
  • Instagram
  • Weißes Xing

KONTAKTAUFNAHME

0 151 - 55 21 22 23

praxis@benita-feller.de

bottom of page