Hirnforscher und Neurobiologe Gerhard Roth: "Die Seele sitzt im Gehirn"
""Wie das Gehirn die Seele macht" - so heißt das Buch, das die Hirnforscher Gerhard Roth und Nicole Strüber geschrieben haben. Man erfährt daraus: Mit Metaphysik hat die menschliche Seele nichts zu tun - wohl aber viel mit dem limbischen System.
Der renommierte Neurobiologe Gerhard Roth stellt die Erkenntnisse seiner Wissenschaft in eine lange Tradition: Schon die Ärzte der Gladiatoren hätten festgestellt, dass Verletzungen des Gehirns immer mit kognitiven Einbußen einhergingen. All das, was man seit Jahrhunderten mit dem Begriff der Seele in Verbindung bringe, sei also tief im Hirn verankert - und flottiere nicht irgendwo frei herum."
"Jeder Mensch ist psychisch einmalig"
"Es gibt einen ganz typischen Bereich, den man limbisches System nennt - und der ist der Sitz der Seele im engeren Sinne", sagt Roth. "Der Rest sind unspezifische Zulieferanten - natürlich notwendig für Bewegung, für das Denken - aber nicht für das Psychische." Sind wir also gar nicht so verschieden, wie wir gemeinhin annehmen? Doch, sagt Roth:
"Wie ein Mensch sich psychisch entwickelt, das ist von einer verwirrenden Vielfalt. Das geht schon vor der Geburt los - immer im Wechselspiel zwischen individuellen Genen und der ganz individuellen Umwelt. Jeder Mensch ist psychisch einmalig. Die Vielfalt im Gehirn erzeugt die Vielfalt des Psychischen."
Keine Psychotherapie ohne Neurobiologie
"In groß angelegten Untersuchungen habe die Neurobiologie völlig neue Einsichten über die Wirkung der Psychotherapie gewonnen: Demnach sei die Bindung zwischen Therapeut und Therapiertem entscheidend. Sie sei eine Widerspiegelung der frühkindlichen Bindung: "Das ist dieselbe Chemie. Es wird sozusagen das, was an Bindungsressourcen da ist, noch einmal wach gemacht." Roths Fazit: Die Psychotherapie komme ohne eine zusätzliche Begründung durch die Neurobiologie nicht mehr aus. Sein Fach sei demnach "eine Hilfswissenschaft, um die Dinge besser erklären zu können"."