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Wussten Sie schon?

Leben im Überlebensmodus – Wenn alte Wunden den Alltag bestimmen

Aktualisiert: vor 2 Tagen

Es gibt Menschen, die funktionieren. Die den Alltag scheinbar mühelos bewältigen, sich kümmern, leisten, durchhalten. Und dennoch ist da ein ständiger innerer Druck, eine unterschwellige Anspannung, eine tiefe Erschöpfung, die kaum erklärbar ist.

Oft leben diese Menschen nicht wirklich – sie überleben.

Was auf den ersten Blick nach äußerer Stabilität aussieht, ist auf den zweiten Blick häufig ein Leben im Überlebensmodus – geprägt von alten, unverarbeiteten Erfahrungen, die sich tief in Körper und Psyche eingeprägt haben.


Was bedeutet „Überlebensmodus“ psychologisch?

Der Überlebensmodus ist kein bewusster Zustand. Er entsteht dann, wenn unser System – insbesondere unser Nervensystem – sich langfristig im Alarmzustand befindet. Ursache dafür sind meist frühere Verletzungen, emotionale Wunden, Bindungstraumata oder Dauerstress.

Menschen im Überlebensmodus erleben ihren Alltag oft so:

  • Gefühle von innerer Anspannung, ohne klaren Auslöser

  • Ständiges Grübeln, Kontrollbedürfnis oder Perfektionismus

  • Schwierigkeiten, echte Nähe zuzulassen

  • Das Gefühl, nie richtig zur Ruhe zu kommen

  • Eine innere Leere oder Getrenntheit von sich selbst

  • Starke Selbstzweifel, die kaum zu beruhigen sind

Der Überlebensmodus ist ein Schutzmechanismus – doch einer, der unbewusst sehr viel Energie kostet.


Was passiert im Gehirn bei alten Wunden?

Aus neurowissenschaftlicher Sicht ist unser Gehirn auf Überleben und Sicherheit programmiert. Frühe, schmerzhafte Erfahrungen – insbesondere aus Kindheit und Jugend – werden oft nicht „abgelegt“, sondern als Gefahrenmuster gespeichert.

Die Folge:

  • Das limbische System (v. a. die Amygdala) bleibt überaktiviert

  • Das Stresstoleranzfenster wird eng – es braucht wenig, um in Alarm zu geraten

  • Der Körper schaltet auf Schutzreaktionen: Kampf, Flucht oder Erstarrung

  • Das präfrontale Cortex – zuständig für klares Denken, Selbstregulation und Mitgefühl – wird gehemmt

So entsteht ein Zustand, in dem der Mensch zwar äußerlich handelt – innerlich jedoch auf einem ständigen „Was-wenn-es-wieder-passiert“-Modus läuft.


Alte Wunden – neue Reaktionen

Was früher geschah – Missachtung, emotionale Kälte, Überforderung, Angst, Verlust – lebt in der Gegenwart fort. Nicht als Erinnerung, sondern als emotionales Echo. Aus psychotherapeutischer Sicht ist der Erwachsene oft in einem Kontakt mit einem unbewussten inneren Kind, das damals gelernt hat: Ich bin nicht sicher. Ich muss wachsam bleiben. Ich bin nicht genug.

Diese Muster prägen das heutige Verhalten:

  • Beziehungsangst oder Bindungssucht

  • Angst, Kontrolle zu verlieren

  • Schwierigkeit, Bedürfnisse klar wahrzunehmen oder auszudrücken

  • Selbstaufgabe aus Angst, abgelehnt zu werden

  • Überanpassung, Konfliktvermeidung, Rückzug


Wie zeigt sich der Überlebensmodus im Alltag?

Der Überlebensmodus ist oft so subtil, dass Betroffene lange nichts davon wissen. Er zeigt sich in scheinbar „normalem“ Verhalten:

  • Immer beschäftigt sein – weil Stille bedrohlich wirkt

  • Kein Zugang zu echten Gefühlen – nur Müdigkeit oder Reizbarkeit

  • Der Drang, alles im Griff zu haben – auch sich selbst

  • Hochfunktionales Verhalten trotz innerer Erschöpfung

  • Unfähigkeit, sich tief zu freuen oder echte Nähe zuzulassen

Viele Menschen glauben, sie seien das Problem – dabei reagiert ihr System einfach auf erlernten, nie aufgelösten Stress.


Was hilft aus psychologischer und therapeutischer Sicht?

Der erste Schritt: Verstehen, dass man nicht „komisch“ oder „zu sensibel“ ist – sondern dass das System Schutzstrategien entwickelt hat, um früher zu überleben.

Was unterstützt die Rückkehr in einen lebendigen Modus?

  1. Selbstwahrnehmung trainierenAchtsamkeit für Körpersignale, innere Spannungen, typische Muster – ohne Bewertung.

  2. Sicherheitsgefühl aufbauenTherapeutische Begleitung, stabile Beziehungen, Rituale und Struktur helfen dem Nervensystem, Sicherheit neu zu lernen.

  3. BindungsarbeitDie Erfahrung, dass Nähe nicht gefährlich ist, sondern nährend, ist ein zentraler Schritt in der Heilung.

  4. Gefühle zulassen & regulieren lernenGefühle dürfen gespürt, benannt, gehalten werden – nicht verdrängt oder überdeckt.

  5. Arbeit mit dem inneren KindDie seelischen Wunden von damals brauchen Zuwendung, Verständnis und Mitgefühl – nicht neue Anpassung.

  6. Integration statt OptimierungEs geht nicht darum, perfekt zu werden – sondern vollständig. Inklusive aller Anteile.


Fazit: Leben beginnt, wenn wir nicht mehr nur überleben müssen

Alte Wunden bestimmen unser Leben, solange sie unbewusst bleiben.Der Überlebensmodus ist eine Anpassung – aber keine Endstation.

Heilung ist möglich. Nicht durch „noch mehr Leistung“ – sondern durch ehrliche Selbstbegegnung, liebevolle Unterstützung und das Erlauben, wieder zu fühlen.


Der Weg zurück in ein lebendiges, verbundenes Leben beginnt dort, wo wir beginnen, uns selbst wieder zu vertrauen.




 
 
 

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Heilerlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz, eingeschränkt auf den Bereich der Psychotherapie, §1 Abs.3 Heilpraktikergesetz erteilt vom Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München (Bayern).

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